News & Stories vom 22.08.2010

Das Bühnen-Böse

Sollten Nationalsozialisten das "Theater des Schreckens" (Grand Guignol) in Paris verbieten oder fördern?
In Paris existierte seit Ende des 19. Jahrhunderts ein populäres Horror-Theater: das Théatre du Grand Guignol. Es setzte das aus der Aufklärung entwickelte "Theater der Empfindsamkeit" mit den rabiaten Mitteln des Boulevards fort. Die meisten Einfälle Hitchcocks und des Horrorfilms haben ihre Wurzeln in diesem Theater. Abend für Abend wurden detailliert Mord-, Vergewaltigungsepisoden, Geistererscheinungen, ansteckende Seuchen und Selbstmorde vorgeführt. Als Paris 1940 von den deutschen Truppen besetzt wurde, ging es für die Besatzungsmacht um die Frage, ob man das Gräueltheater verbieten oder angesichts der Ziele des Nationalsozialismus fördern sollte. Das SS-Reichssicherheitshauptamt war für Förderung, die Kulturabteilung der Deutschen Botschaft für Zensur. Peter Berling in einer Dreifach-Rolle: als französischer Theaterdirektor, als Kultur-Funktionär der NSDAP und als regimekritischer SS-Standartenführer.